Platten gegen den Krieg (Episode One)
Like good Christians some would burn the witches
Steppenwolf: Monster (1969)
Later some got slaves to gather riches
(Hier geht’s zum Serien-Intro: Blockheads Down – Episode Zero)
Steppenwolf: Monster (1969)
Die Jungs aus L.A. fummelten deutlich mehr aus ihren engen Hosentaschen als nur die ewige Radionudel und Harley-Hymne Born To Be Wild. Im selben Jahr wie Peter Fonda und Dennis Hopper über die Leinwand chopperten, heulten die Steppenwolfis1 ihr viertes Vinyl Richtung Trabant: Monster. Ein Schwurbler, wer diesen Titel als Metapher für Uncle Sam deutet. Im Titelsong – eigentlich ein Medley aus drei Songs (Monster/Suicide/America) – milestonen sie sich durch die Yankee-Geschichte:
Once the religious, the hunted and weary Chasing the promise of freedom and hope Came to this country to build a new vision Far from the reaches of kingdom and pope Like good Christians some would burn the witches Later some got slaves to gather riches (...) While we bullied, stole and bought our a homeland We began the slaughter of the red man
Auf dem semi-psychedelischem Cover stehen und liegen die Gentlemen mit nacktem Oberkörper in einer null glamourösen nächtlichen Sand-und-Felsen-Landschaft, als hätten sie Abstand gesucht zur neonlichternden Stromstadt.
Draft Resister2, der zweite Song des Charts-verschmähenden Albums, erinnert soundmäßig an Riders On The Storm von den Doors und gegen Ende auch an den Instrumentalteil in Chris Reas melancholisch-chilligen On The Beach.
Die Lyrics folgen einem jungen Mann während des Vietnamkriegs. Alles andere als ein Marlboro-Spot à la „The rivers run free across this land, as free as the man who ride beside it …“
Wer keinen Bock hatte, im Namen Uncle Sams vietnamesische Männer, Frauen und Kinder abzuschlachten, riskierte die Ächtung durch den selbst ernannten rechtschaffenen Teil der amerikanischen Gesellschaft und drakonische Strafen der faschistischen US-Regierung, die letztlich nichts anderes war (und bis heute nichts anderes ist), als eine steuersubventionierte Bande von Terroristen, die ihre monetär motivierten Interessen weltweit bevorzugt mit Gewalt befriedigen.3 Steppenwolfs Kriegsdienstverweigerer (engl. draft resister) macht zunächst mit, weil er den Krieg für ein Abenteuer hält und beweisen will, dass er ein „Mann“ ist („to prove himself a man“), bis sein Gewissen ihre Pläne absaufen lässt. Um aus Menschen Killermaschinen zu machen, braucht es nicht nur die übliche Gehirnwäsche, sondern zusätzlich eine Art Soul-Water-Boarding.
But they tried to crush his spirit 'Til his conscience ruined their plans.
Aus Steppenwolfs Vietnam-Abenteurer wird ein Kriegsflüchtling und ein entschlossener Gegner des Kriegs, der die Leute aus Ihrem Ignoranz-Koma wecken will:
Here's to all the draft resisters Who will fight for sanity When they march them off to prison In this land of liberty.
Move Over, der vierte Song, mittelfingert die kriegsgeile, totalitäre US-Regierung4:
The country needs a father Not an uncle or big brother Someone to keep the peace at home
Die letzten beiden Songs sind kryptischer, privater. Soundmäßig ist das Monster sperrig, Lagerfeuer-Snugness à la Wish You Were Here und Morning Has Broken will hier nicht aufkommen. Oder bestenfalls als Gruselgeschichtenrunde. Die USA-Realitäten sind nun mal kein Kuschelmonster. Umso erfreulicher, wenn Künstler Blase bekennen und dem selbstherrlichen Imperium druckvoll auf die Stars & Stripes pissen.5
Well done, boys!
(Weiter zu Folge 2, feat. Black Sabbaths Paranoid von 1970)
Peace Notes
- Go to Steppenwolf’s virtual steppe ↩︎
- Zu diesem Song gibt es auch einen Beitrag unseres Chefs beim Online-Magazin Manova: Ohne mich! ↩︎
- Ausgenommen vielleicht die Regierung Jimmy Carters von 1977 bis 1981. ↩︎
- Zur Entstehungszeit des Albums (1969) war Richard „Watergate“ Nixon US-Präsident. ↩︎
- Die Monster-Songs Monster, Draft Resister, Power Play und From Here to There Eventually spielen die Jungs auch auf ihrem schönen Album Steppenwolf Live, aufgenommen 1970 in Santa Monica, Kalifornien. ↩︎