Donkey King: Smart Hooves

Chat mit „Esel- und Autoren-Asyl“-Initiator Rumen Milkow (4)

You talkin‘ to me? Yep. Just a word with you: The goody ol‘ walking boots and the smile of a jolly donkey, what else do ya need?
(Artwork: Munich Globe Bloggers)

(Hier gehts zu Folge 1: Donkey King: Berlin – Spanchevtsi, one-way)

Eine Wanderung mit einem Esel kann ein ganzes Leben verändern.

Rumen Milkow: Autor, Fotograf, Eselist

Im vierten Teil unserer Chats mit Rumen Milkow, Initiator des Donkey Sanctuary & Writers Retreat, gilt unsere Aufmerksamkeit der Spezies Equus asinus asinus alias Hausesel. Wir wünschen diesen Tieren aus ganzen Herzen eine fröhliche Zukunft. Das setzt allerdings voraus, dass sich die Spezies Homo sapiens endlich ihrer unfassbaren Ignoranz entledigt, mit der sie die meisten nicht-menschliche Tiere behandelt. Dafür wiederum wäre eine XXL-Portion Erleuchtung nötig, ein nachhaltiges Würde-Upgrade.1 Nur woher nehmen? Würde gibt es nicht im Discounter und nicht im Online-Shop. Und Old Houston hat auch keine Antwort darauf. Tja …

Einsteilweilen viel Spaß mit unserer neuen Folge von Donkey King. (Die Erläuterungen zu den hochgestellten Zahlen stehen am Ende des Textes unter Hufnoten.)

Donkey Wisdom

Munich Globe Bloggers (MGB): In deinem Manova-Interview sagst du, Esel suchen sich die Menschen aus, nicht umgekehrt. Wie geht das vor sich? À la Speeddating – nur gemütlicher?

Rumen Milkow (RM): Ja, man muss in der Tat Zeit mitbringen, aber das muss man beim Esel immer. Trotzdem kann es passieren, dass man die Signale des Esels nicht zu deuten versteht und dann mit dem Verkehrten unterwegs ist. Aber das sind viele Menschen auch in anderer Hinsicht.

MGB: Du meinst Freunde, Jobs, Liaisons?

RM: Genau. Man kann also auch aus dieser Erfahrung etwas Wichtiges fürs Leben lernen.

MGB: Worin unterscheiden sich Esel von anderen Begleitern der Menschen wie Hunde oder Pferde?

RM: Ein Pferd ist in gewisser Weise wie ein Hund, der praktisch alles macht, was sein Herrchen will. Den Unterschied zwischen Pferd und Esel beschreibt George Orwell sehr gut in Animal Farm: Das Pferd namens Boxer schuftet sich zu Tode. Dem Esel Benjamin, der als einziges Tier lesen kann, würde das nicht passieren.2 Die Kunst als Mensch, der sich selbst für die Krönung der Schöpfung hält, besteht darin, mit einem intelligenten Tier wie dem Esel umzugehen. Erschwert dadurch, dass viele Leute Esel für dumm halten – selbst Nietzsche unterlag diesem Vorurteil. Ich habe einmal einen befreundeten Pferdepolo-Lehrer aus Argentinien gefragt, also jemanden, der sich mit Pferden auskennt, welches Tier er für das klügere hält: Pferd oder Esel? Prompte Antwort: Den Esel natürlich!

Read my ears: No new packs! Bei den gschaftligen Zweibeinern ist immer was Stressiges im Busch.
Johnny Slowstep, Distelgourmet und Professor für ökologisches Wiesenmanagement, hat das schneller geschnallt, als du „iah“ sagen kannst.
(Foto: Rumen Milkow)

Donkey Style

MGB: Du schreibst: „Ein Esel lässt sich zu nichts zwingen. Er weiß, was gut für ihn ist und wann er bereit ist für den nächsten Schritt. Er rennt nicht vor Problemen weg – der Esel ist kein Fluchttier.“ Welche Metapher trifft das Wesen der Esel am besten?

RM: Wie gesagt, tue ich mich schwer mit Vermenschlichungen von Tieren. Verständlich, der Mensch versucht mit diesen Vergleichen etwas besser zu verstehen, in dem Fall ein Tier. Aber warum versucht man nicht einfach das Tier direkt zu verstehen anstatt über den Umweg des Vergleiches?

MGB: Worin liegt die Magie der Esel? Warum können sie Menschen so viel geben?

RM: Die Magie kann man nur schwer erklären. Ich habe es öfters versucht und bin da meist auf Unverständnis gestoßen. Wenn dieselben Menschen dann eine Weile mit einem Esel unterwegs waren, haben sie in aller Regel verstanden, was ich gemeint habe. Deswegen kann ich nur jedem eine Eselwanderung empfehlen. Ohne Übertreibung kann ich sagen, auch weil die Rückmeldungen dies bestätigen, dass eine Wanderung mit einem Esel ein ganzes Leben verändern kann. Das ist keine Übertreibung. Mann muss allerdings diese Erfahrung selbst gemacht haben.

MGB: Siehst du die Gefahr, dass Esel zu fucking Hipster-Tieren werden wie Einhörner, Flamingos und Lamas?

RM: Die Zeiten sind mittlerweile so verrückt, dass ich mir auch das vorstellen kann. In dem Moment, wo der Esel zum Hipster-Tier wird, weißt du, dass das Ende nah ist.

Plucky Duke – the donkey that walks slower than his shadow and his patient friend and companion Rumen Milkow
(Foto: Rumen Milkow)

(Weiter zu Folge 5: Donkey King: Wild Wild East)

Hufnoten

  1. Wer sich mit dem Thema Würde befassen will, empfehlen wir die Erkenntnisse des Hirnforschers Gerald Hüther, z. B. Würde. Was uns stark macht – als Einzelne und als Gesellschaft, Knaus Verlag (Penguin) 2022. Oder auf unzähligen Duröhren-Videos, z. B. über Schule und Gesellschaft (Stifterverband). ↩︎
  2. Esel Benjamin ist der wahre Freigeist unter den Tieren der Animal Farm, ein Huckleberry Finn auf vier Beinen (um eine Analogie herbei zu nötigen). Er bewahrt sich stets sein kritisches Denken, ist weit- und durchsichtig und lässt sich nie von Propaganda und beschwichtigenden Politikerfloskeln einlullen. Benjamins gibt es leider viel zu wenige auf der Welt. Mit Benjamin ist keine Macht zu machen. ↩︎

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