Chat mit zwei hochnudeligen Pastafari (3)
Distanzierung von allem, was Spaß macht, ist ja schon der Unique Selling Point des Christentums. Das brauchen wir nicht auch noch.
Eva Rosina: Les Femmes Farfalles (Pastafari Austria)
(Hier geht’s zu Folge 1: Mission: Impastable)
Die winzige Teekanne kreiste schon so lange um die Sonne, dass der Tee darin kälter war als der Arsch eines tiefgefrorenen Propheten. Nicht wirklich das, was sich die Queen (die mit den amusing UFO-Hüten, in denen vermutlich Aliens hausen) zum 5-Uhr-Tee servieren ließ, sofern sie diesen komischen Brauch überhaupt noch pflegte. Dafür hatte die Kanne andere Qualitäten. Sie war eine Gottheit, die laut Inschrift (direkt neben dem Made-in-China-Aufkleber) das Universum erschaffen hatte (quasi herausgedampft), aber wegen ihrer Winzigkeit noch nicht von potenziellen Gläubigen entdeckt worden war. Sein Schöpfergott-Kollege, das Fliegende Spaghettimonster, hatte da mehr Glück. Vielleicht tat es auch einfach mehr dafür, entdeckt oder wenigstens halluziniert zu werden.
Leider ist das Fliegende Spaghettimonster sehr beschäftigt mit kreativem Herumnudeln. Nicht einmal wir Munich Globe Bloggers konnten es zu einem Chat überreden. Allzu traurig sind wir nicht. Zwei urcharming Ladys seines irdischen Nudelstabs geben uns die Ehre: die fast Oberste Maccherona Nadja Entner und die Les-Femmes-Farfalles-Aktivnudelistin Eva Rosina von der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich.
Wir wünschen cannellonische Unterhaltung mit Teil 3 unseres Chats.
„Stramm Richtung Bierhimmel“
Munich Globe Bloggers (MGB): Analog-Religionen, -Kirchen und -Sekten missionieren gerne in bildungsarmen bis präzivilisatorischen Regionen à la USA, Bayern und Tirol. Entgegen etwa den Christen, wo harte Symbole (Holz-, Eisenkreuze) auf weiche Birnen treffen, adressiert ihr harte Rüben mit relativ weichen Symbolen (das Spaghettimonster ist ja wohl al dente, oder?). Wie lustig ist das (missionarische) Pastafari-Leben?
Eva Rosina, Les Femmes Farfalles: Das Gute an unserer Lehre ist, dass für alle was dabei ist: vom hochintellektuellen Hirnwichsen über String-Theorie und Sex-Positivity bis hin zum bloßen Besäufnis ist das sehr individuell an verschiedene Bevölkerungsschichten und Bildungshintergründe anpassbar.
Fast Oberste Maccherona (FOM) Nadja Entner: Die plötzlich aus dem Boden schießenden Spaghettolithen, die so schön, standhaft und stramm Richtung Bierhimmel ragen, sind ein eindeutiges Zeichen für die beginnende, starke Erregung und Aufmerksamkeit in diesen noch unbeleckten Zonen.
Bavette out of Hell
MGB: Eine dieser Arschparteien hat euch vorgeworfen, ihr würdet Religion nicht ernst nehmen, ihr wäret „nur“ eine Spaßreligion. Heißt das, eine Religion darf keinen Spaß machen, ist quasi nur echt, wenn sie unentwegt wehtut, ihr Chef gefoltert und an die Wand genagelt wird? Wenn man als Fan einer Religion ständig nur Leid und Elend sieht, wo ist dann der Unterschied von einem Gläubigen zu einem 60er- oder Schalke-Fan?
Nadja: Ja, immer noch behaupten zahlreiche Menschen, wir seien eine Spaßreligion und das Fliegende Spaghettimonster gäbe es gar nicht. Solche blasphemisch wirkenden Aussagen kommen meist von Andersgläubigen, denen unsere Religionsgemeinschaft eine Dornenkrone im Auge ist. Vermutlich sind diese Leute einfach nur neidisch, unwissend oder intolerant. Da stehen wir Pastafaris locker drüber und nehmen das völlig tiefenentspannt und verständnisvoll zur Kenntnis. Ich erkläre diesen Menschen immer, dass sie vollkommen recht haben! Denn es ist ja definitiv so, dass wir bei unserer Religionsausübung und bei den traditionellen Durchführungen unserer pastafarischen Rituale tatsächlich jede Menge Spaß haben. Dass es das Fliegende Spaghettimonster möglicherweise gar nicht gibt, könnte rein theoretisch ebenfalls stimmen. So steht es jedenfalls geschrieben im Evangelium des FSM1.
Eva: Genau, Distanzierung von allem, was Spaß macht, ist ja schon der USP (Unique Selling Point) des Christentums. Das brauchen wir nicht auch noch. Die Leute werfen uns das vor, weil sie uns nicht glauben, dass wir im wörtlichen Sinn an das Fliegende Spaghettimonster glauben. Ich verstehe nicht, was daran absurder sein soll, als an einen Typen zu glauben, der auf Wasser gehen, es teilen oder in Wein (oder Bier?) verwandeln kann. Oder an einen alten Sack zu glauben, der gleichzeitig sein eigener Sohn und eine Taube ist. Dass das Ganze 100 Prozent spaßfrei ist, im Gegensatz zum Spaghettimonster, macht es nicht besser.
A Momentary Lapse of Risoni
MGB: Vielleicht posten wir am Ende dieser Serie noch einen Direktvergleich: Spaghettimonster vs. Jesus – Fun-Battle-Edition. Dann haben wir die beiden Religionen im 1:1 und die Leute sehen, wo sich das Fan-Sein mehr lohnt. Es wundert uns ohnehin, dass Stiftung Warentest die aktuellen Religionsmodelle noch nicht unter die Lupe genommen hat. Übrigens erinnert uns das an den legendären Beichttest2 der Jugendzeitung Newsbrothers Anfang der 90er. Die analogen Single-Gott-Religionen sind ja eher nasenrümpfig gegenüber deistischen Team-Playern. Aber der Trend geht zur Zweitreligion. Wie sieht’s bei euch aus: Duldet ihr z. B. dudeistische3 Pastafaris? Und dürfen Pastafaris auch Pizza und Kaiserschmarrn essen? Vinylschoolig gefragt: Mono- oder Stereo-Religion?
Eva: Klar dulden wir Pastafaris mit allen anderen Religionen als Bonus-Feature. Wir lachen sie halt aus deswegen – auch weil wir eine sehr spaßige Religion sind. Pizza und Kaiserschmarrn habe ich beides schon persönlich getestet und es ist nichts passiert, also hat das Fliegende Spaghettimonster nichts dagegen. Wir akzeptieren ja empirische Beweise.
Nadja: Logo! Wir Pastafaris sind ja nicht nur sehr tolerant, sondern auch offen und flexibel wie al dente gekochte Cannelloni.
(Weiter zu Folge 4: Gnocchipussy)
Hand- und Fußnoten
- Im Evangelium des FSM (S. 112) heißt es :
I. Am Liebsten Wäre Mir, wenn ihr euch nicht wir frömmlerische, selbstgerechte Esel benehmen könntet, sobald ihr Meine Nudelige Göttlichkeit beschreibt. Falls manche Leute nicht an mich glauben, ist das okay. Ehrlich. So eitel bin Ich nicht. Außerdem: Um die geht es gar nicht, also bleibt beim Thema. - Die Münchner Jugendzeitung Newsbrothers testete 1991 anhand einer fiktiven Einheitssünde (Walkman-Diebstahl im Wert von ca. 100 D-Mark), welche Münchner Kirche das beste Beichterlebnis ermöglichte (mit Augenmerk u. a. auf Sitzkomfort, Buß-Discount, Servicementalität und Kundenfreundlichkeit).
- vgl. unserer Chat mit dem Dudeismus-Gründer Oliver Benjamin: Dude it like Lebowski