Plastiksommer (1)

A season-critical diary with a canny dose of Elvis

I wasn’t sure if Elvis had left this guitar on the edge of that shriveled old city. In any case, looking back it unfolded as a pretty precise hint of what to expect from this summer.
(Foto: Munich Globe Bloggers)

It’ll need more than one Elvis sighting to safe this summer.

Chief Chibuku
I used to think my dad was Elvis,
But I haven't told him that yet.
I haven't told my dad either.1

Mein Hirn übernahm die Urheberschaft für diesen Satz, den mir das Universum auf mysteriösen, aber gut ausgebauten Milchpfaden zukommen ließ.

Ich nickte innerlich.

Für Gesten fehlte mir die Energie.

Aber wo zum Getto sollte ich einen Elvis hernehmen in dieser maskierten Trostlosigkeit?

Szenario 1

Ein Paketbote bringt mir die ersehnte Kiste Antidepressiva an die Tür. Sieht aus wie Elvis, denke ich. Schräg. Aber erst, als ich die Kiste öffne und zehn Gläser Erdnussbutter vorfinde statt der Glückspillen, weiß ich, wem ich eben die Tür geöffnet habe. The King himfuckingself.

Szenario 2

Am Bahnhof warte ich auf die Ankunft von vier Banditen. Alle heißen Frank.

Der Zug hat Verspätung. Dafür meldet die Durchsage:

„Auf Gleis 9 ¾ fährt in Kürze ein der Mystery Train aus Memphis.“

Bin ich der Einzige, der das hört? Niemand sonst steht am Bahnsteig. Und nur ein einziger Typ steigt aus. Greller Glitzerfummel. Gewagt. Selbst für einen Junggesellinnenabschied. Aber der King ist nun mal der King. Wer soll das sonst sein?

Ich will ihm die Hand reichen. Er wehrt ab. Mit Sorry-Geste:

„I Washed My Hands In Muddy Water.“

Szenario 3

Ich werfe einen Olivenzweig in das Urnengrab meines Chefs. Ein wahrer Dude. Unersetzlich. Als ich zurückgehe, steht da noch jemand. Ganz in Weiß. Rockabilly-Tolle.

„Elvis?“

Er schweigt. Aus einer Plastiktüte mit Viva-Las-Vegas Aufdruck zieht er eine Single und legt sie zu den anderen Farewell-Gadgets.

Always On My Mind.

Vermutlich handsigniert.

Tomorrow Never Comes

„Fuck this fake-summer!“

Hatte jemand auf die Mauer gesprüht.

Cool, dass Social Media noch nicht komplett digitalisiert war.

Ich hatte weder Sprühflasche noch Edding in der Tasche. Sonst hätte ich Zustimmung signalisiert. Mit einem Emoji. So einer Smiley-Variante, mit der sich die Leute gerne virtuell bewerfen. Top-Daumen oder High-five-Hand. Noch cooler wäre Spocks Vulkaniergruß.

Ich ging dann einfach nur weiter. Und freute mich, dass ich nicht der Einzige war, der diesen Sommer scheiße fand.

Eine Ecke weiter die nächste Mauermessage:

„Unter der Maske liegt der Strand.“

Hatte da noch jemand Hoffnung auf ein Ende des Coronaverwaltungsfaschismus und sein Kultur- und Sommervernichtungsarsenal?

Verdammt, wo blieben die Alliierten?

Talk About The Good Times

Meine Jukebox spielte Neil Young.

On The Beach.

All my pictures are fallin' from the wall
Where I placed them yesterday
World is turnin'
I hope it don't turn away.2

Trauriges Sommerlied. Auf dem Plattencover steht der Maestro am leeren Strand und blickt hinaus aufs Meer. Hinter ihm ein Cadillac, im Sand vergraben. Der Kotflügel schaut noch raus. Wie die Schwanzflosse eines abtauchenden Wals.

Sonnenschirm, Stühle und Liege mit gelbem 70s-Muster.

Was für ein schöneres Zuhause für innere Leere.

Ich gesellte mich dazu.

Kaum hatte ich meinen Hintern unter dem Sonnenschirm geparkt, stieß der Cadillac rückwärts aus dem Sand.

Mein Stuhl kippte. Ich konnte nicht mal mehr „Don’t be cruel“ sagen. Schon gar nicht „ I forgot to remember to forget“.

Am Steuer saß Elvis.

(Weiter zur nächsten Folge: Plastiksommer (2) – A season-critical diary with a canny dose of Elvis)

Post-its

  1. Belle and Sebastian: A Century Of Elvis; 1997 ↩︎
  2. Neil Young: On the Beach; 1974 ↩︎

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